Der osteuropäische Billigflieger transportiert jedes Jahr über eine Million Passagiere ab Dortmund, Köln und Weeze. Nur: Kaum jemand kennt die Fluggesellschaft. Mit der Fußball-EM in Polen und der Ukraine könnte sich das ändern.
„Danzig, Posen, Breslau, Lemberg, Kiew“ – der Sprecher von Wizzair zeigt auf eine Folie, die er gerade am Dortmunder Flughafen präsentiert: „Wir fliegen direkt in fünf Spielorte der Fußball-EM 2012“. Damit dürfte die Airline auch ins Bewusstsein deutscher Fußball-Fans rücken, die die Spiele der Nationalelf live vor Ort verfolgen wollen.
Bislang macht Wizzair das Hauptgeschäft mit so genanntem ethnischem Verkehr. Sprich: Aussiedlern und Auswanderern, die in Deutschland wohnen und in ihre alte Heimat reisen wollen. Zunehmend gewinnt aber auch der Geschäftsverkehr an Bedeutung: „Bis zu 30 Prozent der Passagiere in unseren Flugzeugen fliegen geschäftlich nach Osteuropa.“, erklärt der Sprecher.
Dortmund ist der mit Abstand wichtigste Flughafen, den der Billigflieger in Deutschland anfliegt. Von den rund 1,3 Millionen Passagieren in Deutschland fliegen über 800.000 ab Dortmund. „in unserem Umkreis wohnen allein 1,4 Millionen polnisch-stämmige Menschen, hinzu kommen jeweils 350.000 Rumänen und Bulgaren“, erklärt Guido Miletic vom Dortmunder Flughafen.
Ab Dortmund fliegt Wizzair 15 Ziele an. Unter anderem Sofia, Bukarest und Tallin. Neu ab 2012 im Flugplan: Budapest und Lemberg. „Als Wizzair 2004 zu uns kam haben wir nicht mit einem solchen Wachstum gerechnet“, gibt Miletic zu. Außerdem startet der Osteuropa-Spezialist ab Weeze nach Budapest, Tirgu Mures und Cluj, ab Köln nach Danzig, Kattowitz und Kiew.
Wizzair ist so etwas wie der unbekannte Shooting-Star unter den Billigfliegern. Schon heute transportiert die Airline mehr Passagiere europaweit als Germanwings. Bei innereuropäischen Flügen ist die Fluggesellschaft in vielen Ländern Osteuropas die Nummer 1. Vor Ryanair oder Easyjet. Europaweit fliegen jährlich rund elf Millionen Menschen mit Wizzair. Aufgrund der Fußballbegeisterung 2012 wohl noch ein paar tausend mehr.
Air Berlin streicht 7.500 Flüge - was bedeutet das für...
Dortmund
Dortmund taucht nicht in der Streichliste auf. Von hier fliegt Air Berlin nur die starken Charter-Strecken, zum Beispiel nach Mallorca. Im Winter hatte Air Berlin zudem das Drehkreuz Nürnberg im Programm. Von Nürnberg konnten Passagiere nach Ägypten, Tunesien oder auf die Kanaren weiterfliegen. Diese Verbindung fällt wohl weg. Halb so schlimm: Air Berlin wird Nürnberg vermutlich durch Berlin ersetzen. Damit hätte Dortmund endlich wieder eine Flugverbindung in die Hauptstadt.
Die Dortmunder Politik hat Konsequenzen aus der steigenden Zahl osteuropäischen Prostituierten in der Stadt gezogen: Der Straßenstrich wurde geschlossen. Dahinter steckt die Hoffnung, dass die Damen wieder zurück in ihre Heimat fliegen. Wie sie das tun können, wissen sie jetzt dank Wizzair. Der Billigflieger wirbt an der Hauswand eines Escort-Clubs, der direkt am ehemaligen Straßenstrich steht.
Der einsame Kampf des Horst Becker gegen Nachtflüge
Staatssekretär Horst Becker (Grüne) kämpft in Düsseldorf gegen Nachtflug in NRW. Schon mehrfach hat er deutlich gemacht, dass er längere Start- und Landezeiten in Dortmund nicht akzeptieren will. Dem Antrag des Dortmunder Flughafens hat er bislang allerdings nur politisch widersprochen, ohne rechtliche Schritte in die Wege zu leiten. Sie können eine Hintergrund-Geschichte zum Kampf gegen den Nachtflug in NRW auf der Seite zum Köln-Bonner Flughafen lesen.
Kürzere Nachtruhe: Dortmund will länger fliegen
Über fünf Jahre hat die Diskussion gedauert, jetzt geht die Verlängerung der Betriebszeiten am Dortmunder Flughafen in die heiße Phase. Bis Mitte Juli 2011 liegen die Pläne für längere Betriebszeiten in Dortmund und in den umliegenden Gemeinden aus. Institutionen und Bürger können ihre Stellungnahmen abgeben.
In Dortmund herrscht mit 22 bis 6 Uhr ein besonders strenges Nachtflugverbot, das nach Willen des Flughafens nun gelockert werden soll. In Dortmund stationierte Maschinen sollen bis 23.30 Uhr landen dürfen. Der Airport will damit seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern und langfristig aus den roten Zahlen. Insbesondere Billigflieger wie Easyjet und Wizzair hatten immer wieder auf längere Öffnungszeiten gedrängt.
Es werden von Anwohnern, aber auch von Gemeinden wie Unna Widersprüche erwartet. Sollte die Bezirksregierung den Antrag des Flughafens genehmigen, dürfte es auch zu Klagen kommen. Frühestens 2013 dürften die neuen Betriebszeiten in Kraft treten, falls die Klagen scheitern.
Fakten über den Flughafen Dortmund
Dortmund gehört zu den traditionsreichsten Flughafen-Standorten in NRW. Vor dem 2. Weltkrieg war der Flughafen größer als der Düsseldorfer. Die Nationalsozialisten schlossen den Airport, weil sie ihn als Luftwaffen-Stützpunkt nutzen wollten, nach dem Krieg übernahmen die Briten das Gelände. Ende der 60er-Jahre wurde der Flughafen an einem anderen Standort neu gegründet.
Zuerst nur mit einer Grasbahn ausgestattet erhielt der Flughafen in den 70er-Jahren bereits eine richtige Landebahn. Diese wurde mehrfach verlängert, was zu erheblichen Bürger-Protesten führte. Das Terminal, das heute genutzt wird, entstand im Jahr 2000. Gebaut wurde es in erster Linie für die Fluggesellschaft Eurowings, die bis zum Dezember 2010 ihren Sitz in Dortmund hatte. Mittlerweile ist Eurowings nach Düsseldorf umgezogen und ist von der Lufthansa übernommen worden.
2005 kam der britische Billigflieger Easyjet nach Dortmund. Heute ist der Osteuropa-Spezialist Wizzair der größte Anbieter. Dortmund verfügt über die meisten Verbindungen nach Polen und in den ehemaligen Ostblock. Der Flughafen leidet unter den kurzen Betriebszeiten von 6 bis 22 Uhr. Viele Fluggesellschaften wanderten deshalb ab. Im Dezember 2010 hat der Airport eine Verlängerung beantragt. Die Unterlagen werden derzeit von der Bezirksregierung Münster geprüft.